Von der Baustelle bis zum Corso
Die Berufsfeuerwehr Bern zieht um
78 Jahre an der Viktoriastrasse
Der alte Feuerwehrstützpunkt an der Viktoriastrasse hat ausgedient. Dieser wurde 1934 für 25 Männer konzipiert und beherbergt heute rund 100 Feuerwehre. Da die Mitarbeiter meist 24 Stunden im Dienst sind, bei einer Lebensarbeitszeit von 35 Jahren sind sie rund 10 Jahre auf dem Stützpunkt. In kleinen Zimmern schlafen sie zu acht.
Die Fakten zum Neubau
Hickhack vor dem Baubeginn

Ralph Baenziger Architekten hatte 2006 den Wettbewerb für den neuen Feuerwehrstützpunkt gewonnen. 35 Millionen Franken sollte das Bauwerk kosten, hiess es von Seiten der Behörden im Vorfeld der entsprechenden städtischen Abstimmung im Jahr 2008.
Im Sommer 2009 gaben die Stadtbauten aber bekannt, dass der Bau nun gegen 54 Millionen Franken teuer werde. Baenziger erhielt den Laufpass, ein neues Team sollte nun den Feuerwehrstützpunkt nach dessen Plänen realisieren.
Baenziger wehrte sich gegen das Vorgehen der Stadtbauten mit Beschwerden und einer Entschädigungsklage. Vor der Gerichtsverhandlung im August 2010 hatte der Gerichtspräsident den Parteien einen Vergleichsvorschlag unterbreitet, auf die Baenziger nach einer Bedenkzeit einging.
Nach Ansicht der Stadtbauten liegt der von Baenziger akzeptierte Betrag deutlich unter seiner ursprünglich geforderten Summe von rund 1,2 Millionen Franken für Honorare und Schadenersatz. Somit stand dem Baubeginn, bzw. den Rodungen, nichts mehr im Wege. Die achitektonische Leitung des Gebäudekomplexes wurde von Itten + Brechbühl AG aus Bern übernommen.
Der Spatenstich
6 Fragen an Kommandant Bachmann
Feuerwehrkommandant Franz Bachmann im Interview zum neuen Stützpunkt Forsthaus West.
Herr Bachmann, was ist Ihr Highlight im neuen Stützpunkt?
Franz Bachmann: Die Ausfahrhalle ist das zentrale Element eines Feuerwehrstützpunkts. Bis jetzt mussten wir bei einem grösseren Ereignis zuerst die Fahrzeuge von mehreren Standorten zusammenführen. Jetzt können wir fast alle Einsätze aus dieser einen Halle abdecken.
Was spielt das für den einzelnen Einsatz für eine Rolle?
So sind wir um Minuten schneller vor Ort. Das macht bei einem Einsatz viel aus.
Die Feuerwehr zieht von der Viktoria- an die Murtenstrasse. Welcher Standort ist besser?
Der Stützpunkt an der Murtenstrasse hat den Vorteil, dass wir den Westen der Stadt endlich korrekt abdecken können – innerhalb von 10 Minuten. Das ist von der alten Kaserne aus nicht möglich. Und wir sind schneller im Mittelland, wenn wir zum Beispiel in Burgdorf oder Lyss eingreifen müssen.
Aber was ist mit der Altstadt?
Da sind wir etwas langsamer. Bis jetzt müssen wir ja nur den Viktoriarain herunterfahren, über die Lorrainebrücke und fertig. Aber wir sind auch vom neuen Stützpunkt noch immer sehr schnell in der Altstadt.
Was ändert sich für Ihre Mitarbeiter im neuen Stützpunkt?
Der Alltag bleibt gleich. Aber wir können jetzt eine Kultur unter einem Dach leben. Bis jetzt hatten wir ja mehrere Standorte. Ich erhoffe mir eine Verbesserung der Abläufe und der Arbeitsprozesse, weil wir nun alle unter einem Dach sind.
Werden Sie auch etwas vom alten Stützpunkt vermissen?
Insbesondere wird mir die Umgebung im Breitenrain fehlen. Wir haben heute mit unseren Nachbarn ein sehr gutes Einvernehmen. Die Unterstützung der Bevölkerung aus dem Quartier – das werden wir vermissen.
Erster Eindruck der neuen Kaserne
Korporal und Fachausbilder Eric Hirsbrunner, der seit 10 Jahren bei der Berufsfeuerwehr Bern arbeitet, beschreibt seine ersten Eindrücke in der neuen Feuerwehrkaserne im Forsthaus.
Murtenstrasse 98
Am neuen Stützpunkte gibt es Platz für 120 Mann, auch wird der Standort für Frauen ausgebaut sein. Maximal mit einer anderen Person werde man das Schlafzimmer teilen müssen. Für Grossereignisse gibt es einen gesonderten Raum, in dem das dafür abbestellte Team arbeiten kann, während in der Einsatzzentrale das Tagesgeschäft weiter läuft.
Ausserdem neu ist die Rutschstange. Eine einzige war ursprünglich über alle drei Stockwerke geplant, jedoch schreibt die Suva eine Länge von maximal 8 Metern vor. So wurde die Stange kurzerhand in zwei geteilt und die Feuerwehre kommen nun einem kurz unterbrochenen Rutsch zu ihren Fahrzeugen.
Ein Blick in den neuen Feuerwehrstützpunkt:
Der Corso
Die Berufsfeuerwehr Bern ist am Samstagmorgen mit einem Corso von ihrem alten Standort an der Viktoriastrasse in den neuen Stützpunkt im Forsthaus gezogen. Hunderte verfolgten den Umzug am Strassenrand mit.
Am Samstagmorgen schlängelte sich ein Corso bestehend aus 50 Fahrzeugen der Berufsfeuerwehr Bern durch die Berner Innenstadt. Der Umzug symbolisierte den Abschied der alten Feuerwehrkaserne an der Viktoriastrasse und gleichzeitig den Neustart des neuen Stützpunktes an der Murtenstrasse. Der Umzug startete um 10 Uhr und die Fahrzeuge passierten die Lorrainebrücke, den Bahnhofplatz und die Laupenstrasse bis zur Murtenstrasse. Der Umzug im Zeitraffer:
Jetzt schlägt das Herz der neuen Kaserne

Am Samstag ist die Berufsfeuerwehr offiziell in die neue Kaserne Forsthaus gezogen. Höhepunkt des Umzugs war der Autokorso mit fünfzig Feuerwehrfahrzeugen. Seit Donnerstag ist die Alarmzentrale an der neuen Adresse in Betrieb.
Wer die Nummer 118 wählt, ruft ab jetzt in der Kaserne Forsthaus an. Seit Donnerstagachmittag ist die neue Einsatzzentrale der Berufsfeuerwehr in Betrieb. Noch vor dem offiziellen Umzug in die neue Kaserne Forsthaus am Samstag schlägt das Herz bereits am neuen Standort.
«Wir haben jetzt ein neues Alarmierungssystem», sagt Alain Sahli, Leiter der Einsatzzentrale. Wenn Alarm gegeben wird, werden die einzelnen Feuerwehrmänner direkt informiert. Während nachts immer noch in allen Schlafräumen das Licht angeht, klingelt das Telefon nur bei denen, die ausrücken müssen. Auf Grossbildanzeigen sehen die Feuerwehrmänner, welche Fahrzeuge mit welchem Auftrag wohin ausrücken: «Innerhalb der ersten Minute nach der Alarmierung haben unsere Leute neu viel mehr Informationen über den bevorstehenden Einsatz», sagt Sahli. Auf den grossen Monitoren in der Einsatzzentrale sieht man den aktuellen Mannschaftsplan, die Fahrzeughalle von innen und aussen und auch die Autobahn, welche direkt neben der neuen Kaserne liegt. «Für uns ist es wichtig, zu wissen, ob es auf der Autobahn einen Unfall oder Stau gibt, damit wir einen Löschzug nicht in eine Sackgasse lotsen», erklärt der Leiter der Einsatzzentrale.
Die grüne Welle
Ein neuer Standort bringt auch neue Einsatzrouten mit sich. «Wir zeichnen unsere Anfahrtsrouten selbst», so Sahli. Die Ampeln an der Kreuzung Murtenstrasse sind direkt ins Alarmszenario integriert. Das heisst, die Ampeln werden bei Alarm so gesteuert, dass die Feuerwehrfahrzeuge grünes Licht haben, sobald sie die Kreuzung erreichen. Ab diesem Zeitpunkt werden die Ampeln auf vierzig verschiedenen Routen innerhalb der Stadt Bern auf die Fahrzeuge der Feuerwehr geschaltet. «Die Fahrzeuge sind mit einer Box ausgerüstet, mit welcher sich die bevorstehenden Ampeln steuern lassen», erklärt Sahli.
Daten auf dem Tablet
Die neuen Routen werden jetzt – zusammen mit anderen Einsatzdaten wie zum Beispiel dem Grundriss eines brennenden Hauses – auf die Tablets der Mannschaft übermittelt. «Das ist ein Novum», sagt Sahli. Bei keiner anderen Feuerwehr in der Schweiz wurden bisher Tablets verwendet, welche eine von der Einsatzleitzentrale aus definierte Routenwahl vorgeben.