Beten in Bern
Die Klasse M2017c des Gymnasiums Kirchenfeld über Religionsgemeinschaften im Raum Bern
Das Christentum neu erfunden
In der Evangelisch-Reformierten Landeskirche Wabern trifft Tradition auf Moderne
Die Evangelisch-Reformierte Landeskirche im idyllischen Quartier von Wabern.
Verlässt man an der Tramhaltestelle „Gurtenbahn“ in Wabern bei Bern das Tram, sieht man sogleich die reformierte Kirche, deren Turm stolz aus dem Quartier herausragt. Nach nur hundert Metern Fussweg steht man schon auf dem mit Kreidezeichnungen von spielenden Kindern verzierten Vorplatz.
Tritt man in die Kirche ein, fällt der Blick auf einen einzigartig gestalteten Innenraum, der sich seit einigen Jahren den Besuchern in völlig neuer Form präsentiert.
„Der Glaube soll leben“, meint Bernhard Neuenschwander, reformierter Pfarrer der Kirchgemeinde Wabern bei Bern. Und genau nach diesem Grundsatz sei die Kirche damals umgestaltet worden. Während die vier Wände wegen Denkmalschutz unverändert bleiben mussten, sollte dem Innenraum neues Leben eingehaucht werden. So wurde vor elf Jahren die traditionelle Opposition zwischen Pfarrer und Publikum aufgebrochen.
Diese für Kirchen so charakteristische Anordnung von frontal zum Chor stehenden Langbänken ist in der reformierten Kirche Jegenstorf erhalten geblieben. Die 500-jährige, im gotischen Stil gebaute Kirche zählt zu den grössten im Kanton Bern.
Alfred Aeppli, Pfarrer der Evangelisch-Reformierten Kirchgemeinde Jegenstorf-Urtenen.
Trotz aufwändigen Renovationsarbeiten von 1967 bis 1971 und einer künstlerischen Umgestaltung des Chorraumes im Jahr 2004 wurde auf die Erhaltung der ursprünglichen Bauweise grossen Wert gelegt.
Nicht nur die Anordnung der Langbänke, sondern auch die wohl ältesten und wertvollsten Glasgemälde des Kantons wurden sorgfältig gepflegt und blieben erhalten.
Die kunsthistorisch bedeutungsvolle Kirche in Jegenstorf stellt so einen starken Kontrast zur modern gestalteten Kirche in Wabern dar. Sowohl die Kanzel als auch der Chor, die beide den Pfarrer höher stehen lassen und ihn somit über die Gemeinde stellen, sind in Wabern nicht mehr in Betrieb. Heute spricht Pfarrer Neuenschwander nicht mehr von erhöhtem Posten zu seiner Gemeinde, sondern befindet sich mitten unter den Leuten auf demselben Boden. Niemand solle abheben, meint Neuenschwander, „auch der Pfarrer nicht". Sein schlichtes Rednerpult, die neu gebaute Orgel und die Bänke befinden sich alle im Hauptschiff der Kirche auf selber Höhe und bilden die Seiten eines Viereckes.
Gemäss kirche-wabern.ch wurde der Innenraum der Kirche bei Renovationsarbeiten vor 13 Jahren umgestaltet. Nachdem das erste Projekt zur Renovation 1999 abgelehnt worden war, wurde ein neuer Projektierungsweg eingeschlagen. Im Juni 2002 wurde der zweite Plan zur Umgestaltung und Renovation schliesslich angenommen und die Bauarbeiten in Angriff genommen. Seit Ostern 2004 kann man den neugestalteten Kirchenraum in Wabern bewundern.
Bernhard Neuenschwander, Pfarrer der Evangelisch-Reformierten Landeskirche Wabern.
Heute wird die Mitte dieses von Pfarrer, Orgel und auf zwei Seiten von der Gemeinde gebildeten Vierecks durch Leere ausgefüllt. Für den Pfarrer bedeutet diese Leere die Anwesenheit Gottes mitten unter den Leuten. „Leerraum ist definitionsgemäss eigentlich nichts, und doch sticht er beim Betreten der Kirche gleich ins Auge. Nichts und doch Etwas. Man könnte ihn als unnötig bezeichnen und doch bietet er den notwendigen Raum zum atmen. Unnötig und doch notwendig. Genauso verhält es sich mit Gott“, erklärt Bernhard Neuenschwander. Der leere Raum gebe das Gefühl von Platz und Freiheit. Den Blick durch den Raum schweifen lassend hält er kurz inne: „Gott in der Mitte kann nur existieren, wenn die Gemeinde, der Pfarrer und der Organist das Viereck darum herum bilden. Und umgekehrt kann der Pfarrer und seine Gemeinde und der Organist nur dann Gottesdienste abhalten, wenn auch ein Gott existiert.“
Zwei Fragen an die Pfarrer von Jegenstorf und Wabern
Herr Aeppli, wie vereinen Sie Wissenschaft und Gott?
Manche gehen davon aus, dass der Glaube ein überholtes Relikt aus alten Zeiten ist und das Denken ausschliesst. Ich möchte solchen Leuten gerne die Gegenfrage stellen, ob wirklich alles unvernünftig ist, was sich nicht durch Denken und Wissen erklären lässt. Glaube und Denken schliessen sich nicht aus, sondern ergänzen sich gegenseitig und stehen auf verschiedenen Ebenen. Es gibt Dinge zwischen Himmel und Erde, die sich nicht durch die Wissenschaft erklären lassen – wie etwa die Liebe oder das Leben an sich. Wissenschaft und Glaube können nicht voneinander abgeleitet werden, schliessen sich aber auch nicht aus. So wie sich logische Schlüsse mit Gefühlen oder Empfindungen überschneiden, gibt es auch interessante Berührungspunkte zwischen Wissenschaft und Glaube. Die Wissenschaft fragt häufig nach dem „Wie“, während der Glaube, ähnlich wie die Philosophie, eher nach dem „Warum“ fragt.
Herr Neuenschwander, wird Gott, als Lückenbüsser der Wissenschaft, von dieser mehr und mehr verdrängt?
Es gibt einen Unterschied zwischen Rätsel und Geheimnis.
Ein Rätsel ist eine Problemstellung, auf die man eine Antwort zu finden versucht. Hat man sie gefunden, folgt das nächste Rätsel, die nächste Antwort und so weiter.Gott ist jedoch ein Geheimnis. Es gibt keine Lösung, da Gott unfassbar ist. Mit Gott verhält es sich wie mit der Gegenwart: sie ist offensichtlich hier, aber trotzdem entzieht sie sich dem Zugriff. Sie ist mehr als nur der Moment zwischen Vergangenheit und Zukunft. Noch so viele Studien und Bücher können die Gegenwart beschreiben, und doch hat man sie damit noch nicht erfasst. Ein Geheimnis ist im Gegensatz zum Rätsel mit zunehmendem Wissen nicht zu lösen. Wie die Gegenwart ständig da ist, ist dies auch Gott. Das Wort „Gott“ ist eine Chiffre für etwas, das sich den Methoden unserer Wissenschaft entzieht und deshalb von ihr auch nicht verdrängt werden kann.
Blicke hinter den Wachturm
Die Zeugen Jehovas in Bern Liebefeld
Von aussen ist das Glaubenszentrum der Zeugen Jehovas gar nicht als solches erkennbar. Es erinnert viel mehr an Büroräumlichkeiten. Nähert man sich dem Gebäude, fällt die grosse Tafel im Eingangsbereich auf, welche Besucher in diversen Sprachen willkommen heisst und über neuste Aktivitäten informiert. Beim Betreten fällt der Blick auf einen Tresen, auf welchem diverse Broschüren aufgelegt sind. Auffällig wirkt, dass jegliche religiöse Symbole fehlen. Dafür hängen Bibelzitate an den Wänden, mit denen meist Jehova gepriesen wird. Empfangen werden wir von zwei so genannten Ältesten. Älteste leiten die Versammlungen der Zeugen Jehovas oder stehen für Fragen bereit.
Die unauffällige Gemeinde der Zeugen Jehovas in Bern Liebefeld.
„Gäbe es Jehova nicht, könnten wir alle nicht existieren. So viele Faktoren, welche für uns überlebenswichtig sind, stimmen auf der Erde: Beispielsweise der Abstand von der Sonne zu unserem Planeten, welcher für gute Temperaturen verantwortlich ist.“
Der 51-jährige Marcel Jungi arbeitet neben seinem Amt als Ältester und Sekretär noch beruflich als Quality Manager.
Interview mit Marcel Jungi
Herr Jungi, wie alt waren sie, als sie den Zeugen Jehovas beigetreten sind?
Ich war 3 Jahre alt, als meine Eltern begannen, mit den Zeugen Jehovas die Bibel zu studieren. Ich bin also in einer Familie aufgewachsen, die bemüht war, nach biblischen Grundsätzen zu leben. 1983 habe ich mich nach reichlicher Überlegung selbständig entschieden, den Zeugen Jehovas beizutreten. Es ist also auf keinen Fall ein Muss.
Jehovas Zeugen sind dafür bekannt, dass sie keine Feste feiern. Wo sind da die Grenzen?
Eine Feierlichkeit führen wir durch! Das Gedächtnismal, das Gedenken an den Todestag von Jesus Christus. Ansonsten feiern wir keine religiösen oder politischen Feste, wozu eben auch Geburtstage zählen. Schulfeste, Abschlussfeste, Hochzeiten sind hingegen kein Problem.
Wie ist das mit dem Alkoholkonsum?
In der Bibel heisst es: ‚Du sollst kein Trunkenbold sein‘. Also halten wir uns daran. Alkohol also nur in dem Mass zu konsumieren, in welchem man die Kontrolle über sich nicht verliert. Ich selbst trinke auch gerne mal ein Glas Wein.
Wann waren sie persönlich das letzte Mal missionieren?
Heute.
Ist es nicht mühselig immer zu missionieren? Begegnen Sie nicht ständig denselben Argumenten?
Wenn ich sage, Jesus ist mein Vorbild, dann bemühe ich mich, es ihm gleich zu tun, das heisst, den Glauben zu verkünden. Es geht hier um das Königreich Gottes, das ist die bevorstehende Regierung, welche hier auf der Erde einmal für Sicherheit und Frieden sorgen wird. Es ist also überhaupt nicht zermürbend, denn jeder Mensch, der diese Wahrheit erkennt, wird ein glücklicher Mensch. Es ist also durchaus eine schöne Tätigkeit.
Wie genau ist das mit ‚bevorstehende Regierung‘ gemeint?
Wir warten seit 1914 darauf, dass Jesus die Regierung über die Erde übernimmt. Wird dies passieren, werden wir alle paradiesischen Zustände erleben.
Wann kommt diese Regierung?
Dies wissen wir nicht. 1975 dachten einige, es wäre soweit. Diese Aussage wurde allerdings revidiert.
Die Zeugen Jehovas sind dafür bekannt, dass sie Bluttransfusionen ablehnen. In der Schweiz werden jährlich 400‘000 Bluttransfusionen durchgeführt. Einige lebensrettend. Wieso diese Ablehnung?
Nach dem heutigen medizinischen Wissensstand geht man dazu über, Operationen ohne Bluttransfusionen durchzuführen. Viele Bluttransfusionen sind heutzutage eigentlich unnötig. Die Patienten haben oft auch im Nachhinein Probleme, was zur Einnahme von zusätzlichen Medikamenten führt. Die Ablehnung der Bluttransfusion ist durch ein biblisches Gebot begründet.
Eine farbige Götterwelt
Im Tempel der Hindus im Haus der Religionen
Im Haus der Religionen am Europaplatz befindet sich ein Tempel der Hindus. Von aussen ist er nicht erkennbar. Nur der sogenannte Kannan auf dem Dach gibt einen Hinweis. Im Inneren ist der Tempel sehr farbig und ordentlich. In kleinen Fenstern sind Bilder von Göttern. Auch im Tempel haben einige wichtige Götter ihren Platz, welche in kleinen Häuschen dargestellt werden.
Die Besucherinnen sind alle ähnlich gekleidet, mit einem „Sari“. Es ist ein langer Stoffstreifen, den die Frauen mehrmals um ihren Körper wickeln. Die Verheirateten tragen zudem einen „Bindi“, den roten Punkt auf der Stirn. Er ist entweder aufgeklebt oder aufgemalt.
Die Männer tragen eine Art lange Hose, den „Dhoti“. Dieses lange Stoffstück wird um die Hüfte gewickelt und gebunden.
Das Om-Zeichen.
Das „Om“-Zeichen ist ein wichtiges Symbol für die Hindus. Dieses Symbol steht für das Leben und soll den Menschen mit der Kraft Gottes verbinden und ihm innerlichen Frieden geben.
Die meisten Hindus beginnen und beenden das Gebet mit dem Aussprechen des Om. Es stellt den heiligsten Klang dar, aus dem das Universum und die Götter entstanden sind. Bei dieser Silbe werden Schwingungen erzeugt, welche die Erde und die Atome des Himmels zusammenhalten.
Interview mit Priesterin Mala Jeyakuma
Werden Sie als Hindu in der Schweiz diskriminiert?
Nein, bis jetzt habe ich mich nie benachteiligt gefühlt. Als es nur wenige Tempel in der Schweiz gab, da beteten die Hindus noch zu Hause. Jedoch wurden immer mehr Tempel für die Hindus gebaut und wir konnten dann in den einzelnen Tempeln beten. Aber ich wurde bis heute nie diskriminiert, nur weil ich Hindu bin.
Glauben Sie an die Wiedergeburt?
Ja, ich glaube an die Wiedergeburt. Dabei kommt es auf das Karma an, welches aussagt, dass wenn man Gutes tut, so wird man belohnt, tut man Böses, wird man bestraft. Dies kann zum Beispiel bei der Wiedergeburt geschehen. Tat man etwas Böses im früheren Leben, so wird man nicht mehr als Mensch wiedergeboren.
Struktur ist alles
Bei den Mormonen
Der Mormonentempel in Zollikofen.
Der Rasen ist kurz geschnitten, die Blumen frisch gegossen und der Weg sauber gewischt. Die Umgebung macht einen sehr friedlichen und strengen Eindruck. Vor dem 1955 erbauten Tempel steht eine Gruppe gekleidet in weissen Hemden und Krawatten.
Während dem Gottesdienst im Gemeindehaus herrscht eine lockere Atmosphäre: Jemand tippt auf dem Tablet, die Kinder spielen auf dem Boden mit Spielzeugautos, leise Gespräche werden geführt, währenddem Missionare, Bischöfe und Gemeindemitglieder am Rednerpult ihr Wort abgeben.
"Um in den Tempel eintreten zu dürfen, muss man eine gewisse Reinheit haben."
Einem Mormonen werde schon im Kindesalter strukturiertes Denken beigebracht, was viele Mormonen stolz von sich sagen. Man legt sehr viel Wert auf Erziehung und die Familie steht im Mittelpunkt. Dementsprechend verzichten Mormonen auf jegliche Drogen, auch Schwarztee und Kaffee lehnen sie ab. Selbstständigkeit und Unabhängigkeit sind tief in der Religion verankert, was sich im Privatleben und in der Wirtschaft bemerkbar macht.
Mormonen sehen sich selber auch als Anhänger Jesu Christi, dementsprechend ist die Bibel als Wort Gottes die erste heilige Schrift. Neben der Bibel ist das Buch Mormon von zentraler Bedeutung, welches wie die Bibel eine Sammlung heiliger Schriften ist. Es berichtet über den Umgang Gottes mit den alten Amerikanern. Laut eigenen Angaben leben rund 7000 Mormonen in der Schweiz.
Weisses Hemd, grün gestreifte Krawatte, gepflegt und sauber frisiert, aber kein Bankier, sondern Mormone. Thomas Müller, Bischof der Gemeinde, begrüsst jeden freundlich, der hereinkommt. Herr Müller fängt noch an, über sich zu erzählen, bevor überhaupt die erste Frage gestellt worden ist und betont, dass er hauptberuflich eigenständiger Unternehmer sei und nur nebenbei das Amt des Bischofes ausübe.
Der goldenen Engel Mormoni auf der Spitze des Tempels von Zollikofen.
Interview mit Thomas Müller
Herr Müller. Wieso sind alle Mormonen gleich gekleidet?
Mormonen sind nicht alle gleich gekleidet. Das, was Sie wahrscheinlich meinen, sind unsere Missionare. Sie tragen alle ein weisses Hemd, eine Krawatte und oft einen Anzug. Sie repräsentieren öffentlich unsere Kirche und müssen daher einheitlich gekleidet sein.
Wie sehen sie eigentlich die Position der Mormonen in der Schweiz?
Nun, ich sehe gar keinen so grossen Unterschied zwischen den Mormonen und den anderen Schweizern. Der einzige Punkt wäre der, dass wir nach hohen moralischen Werten leben, zu denen auch der Verzicht auf Alkohol, Tabak und sonstige Drogen gehört. Ansonsten würde ich nicht einen allzu grossen Unterschied machen.
Gab es eigentlich Austritte aus ihrer Kirche?
Ja. Leider musste ich auch schon miterleben, dass Mitglieder aus der Kirche ausgetreten sind. Austreten kann man eigentlich auch ohne triftigen Grund. Wenn man das Gefühl hat, dass unsere Religion nicht mehr die richtige ist, ist es besser, man tritt aus. Übrigens möchte ich an dieser Stelle noch etwas anderes anfügen. Wir Mormonen sind eigentlich Laienpriester. Bei uns muss man nicht Theologie studieren um Priester zu werden. Ich bin hauptberuflich selbstständiger Unternehmer und übe das Amt des Bischofs als Nebenberuf aus.
Wieso ist Aussenstehenden eigentlich der Zutritt zu den Tempeln verboten? Kirchen und Moscheen sind ja auch öffentlich.
Das Gemeindehaus und die Gärten sind durchaus öffentlich. Nur der Tempel selbst ist für Nicht-Mitglieder nicht zugänglich. Die Räume im Gemeindehaus werden auch von aussenstehenden genutzt, aber um in den Tempel eintreten zu dürfen, muss man eine gewisse Reinheit haben.
Im Tempel lassen wir uns für unsere Vorfahren taufen, welche nicht die Möglichkeit hatten, sich auf dieser Welt taufen zu lassen. Um in den Tempel zu dürfen, muss man einen gültigen Tempelschein haben, welcher erst nach einem Gespräch mit dem Bischof der Gemeinde ausgestellt wird.
Wie sieht so ein Gespräch aus?
Die Fragen, die ich der Person stelle, dienen dazu, dass sich diese Person selbst prüfen kann, ob sie unsere Religion für richtig hält. Es kommt aber auch vor, dass ich Einwände gegen den Beitritt einer Person habe.
Salam alaikum in Bern
Im islamischen Zentrum Bern
Gebetsraum der Männer mit Blick auf den Sitz des Imams.
Von aussen kaum erkennbar befindet sich das Islamische Zentrum Bern (IZB) in der Nähe des Güterbahnhofs am Lindenrain. Gleich beim Eingang liegt der Gebetsraum der Männer. Gleich dahinter der Frauenraum. Dieser Gebetsraum ist kleiner als jener der Männer. Zu beiden Gebetsräumen gehört je noch ein Waschraum, um sich vor dem Beten oder dem Lesen im Koran zu waschen.
„Im Gebetsraum der Männer hat es vorne einen Sitz für den Imam, der am Freitagabend die Predigt hält, und daneben wird noch einmal die genaue Richtung nach Mekka angezeigt“, sagt Ursula Wohlgefahrt, eine praktizierende Muslimin. Mekka ist für die Muslime eine heilige Stadt, die Stadt, in der der Prophet Mohammed geboren ist. Die Muslime beten immer in Richtung Mekka.
Das IZB ist einer von sieben Gebetsorten in Bern. Es sind nicht Moscheen, da eine Moschee streng genommen nur ein vom Staat anerkanntes Haus Allahs ist. Beim Eingang des Kellers zieht man die Schuhe aus.
„Der Koran wird nie auf den Boden oder an einen schmutzigen Ort gelegt. Dafür hat es diese Tischchen. Dieses hier ist ein besonders schön gestaltetes“, meint Ursula Wohlgefahrt.
Solche Tische stehen im ganzen Gebetsraum verteilt. Sie haben eine praktische Klappform, so dass der Tisch gerade steht und noch gut im Koran gelesen werden kann.
Gebetstücher der Frauen.
„Falls eine Frau ihr Gebetstuch zu Hause vergessen hat oder gerade von der Arbeit kommt, kann sie hier eines benützen“, erklärt Ursula Wohlgefahrt, während sie ihr eigenes aus der Tasche zieht.
Der Boden beider Räume ist mit Gebetsteppichen belegt und an der Wand sind mehrere Regale angebracht, die Ausgaben des Korans und verschiedene Bücher zum Islam enthalten. Das Zentrum wird nicht nur zum Beten benutzt, sondern gilt auch als ein Ort, wo man Gleichgesinnte trifft und diskutieren, um Rat fragen oder sich weiterbilden kann.
Da immer einer der Männer den Gebetsruf spricht oder die Predigt hält, hat es ein Fenster, damit die Frauen im anderen Raum alles mithören können, ohne ihren Bereich zu verlassen.
Der Frauen- und der Männerraum sind mit einem Fenster verbunden.
„Im Judentum fehlt der Missionsgedanke“
Ein Einblick in die Gebetsstätte der Juden in Bern
Ein Polizist steht in der Nähe der Berner Synagoge, in seinen Händen ein Gewehr. Einen düsteren Blick erhalten diejenigen, welche sich zu nahe an ihn heranwagen. Im jüdischen Gemeindehaus ist die Stimmung ganz anders: Drei Kinder schauen in der Bibliothek, welche gleichzeitig als Warteraum für Besucher dient, gemeinsam in das Buch
Die Berner Synagoge an der Kapellenstrasse.
„Meine kleine Tora“. Die Eltern der Kinder erkundigen sich bei den anderen Besuchern nach ihrem Anliegen. Rabbiner David Polnauer sei noch in einer Sitzung, aber er komme und empfange gleich zum Interview.
Der Rabbiner betritt den Raum, um die Besucher abzuholen. Er trägt ein blau kariertes Hemd, auf dem Kopf eine Kippa und an den Füssen Nike-Schuhe. Die Kippa ist eine kreisförmige Mütze, welche den Hinterkopf der jüdischen Männer verdeckt. Wer sie trägt, zeigt Gottesfurcht und Bescheidenheit vor Gott. Heutzutage wird das Tragen der Kippa als Erkennungszeichen der Juden angesehen. In einigen Richtungen des Judentums ist auch für Frauen das Tragen eines Kopftuches obligatorisch, so vor allem im orthodoxen Judentum.
Ein Rabbiner, sagt Polnauer, sei nicht mit einem Priester vergleichbar, weil er nicht alleine die religiösen Aufgaben wahrnehme.
Mit einem kleinen Lift für vier Personen geht es vom Rabbinat, dem Büro des Rabbiners, zurück ins Erdgeschoss, von dort aus in einen kleinen Vorraum der Synagoge. In einem Sicherheitskasten befinden sich circa 20 Lichtschalter, alle mit einem eingebauten kleinen Lämpchen. Rabbiner Polnauer drückt in einer für ihn anscheinend logisch erscheinenden Reihenfolge auf die Schalter, es scheint wie ein geheimer Code. Die Lämpchen der gedrückten Schalter leuchten rot auf, durch die Tür zur Synagoge sieht man Lichter an- und ausgehen. Als er zufrieden ist, brennen fast alle Lampen in der Synagoge. Beim Eintreten durch die zweiflüglige Holztür blickt man durch einen Gang zwischen den Stühlen auf das Lesepult. Der Raum erscheint warm, die Wände sind rot und orange gestrichen.
Auch aussen ist die Synagoge an der Kapellenstrasse in Bern in einem Orangeton eingefärbt. Sie ist sehr unscheinbar, trotz ihrer hohen Fenster und dem riesigen Davidstern. „Der springende Punkt ist, dass im Judentum der Missionsgedanke fehlt“, erklärt Rabbiner Polnauer. „Wir wollen Sie nicht zu Juden machen, wir bleiben eine Minderheitsreligion.“ Das Judentum hat laut Wikipedia insgesamt ca. 13.5 Millionen Anhänger. Somit stellt es im Vergleich zu anderen Religionen, wie z.B. dem Christentum mit 2.1 Milliarden Anhängern, keine grosse Religionsgemeinschaft dar.
Das Innere der Synagoge.
Auf der Tora, dem jüdischen Grundlagenbuch, basieren auch Christentum und Islam. Dennoch gab es in der Geschichte immer wieder Vorurteile und Diskriminierungen gegenüber den Juden, welche unter dem Begriff „Antisemitismus“ oder auch „Judenfeindlichkeit“ zusammengefasst werden. Den traurigen Höhepunkt stellte der Holocaust dar, als die Nazionalsozialisten bis zu 6.3 Millionen Juden ermordeten. Auch Rabbiner David Polnauer verlor einen grossen Teil seiner Familie. Hier in Bern und in der ganzen Schweiz habe er noch nie Antisemitismus erlebt. In seiner Kindheit in Ungarn aber, wurde er oft Opfer von Antisemitismus. Er tröstet sich mit Galgenhumor: "Was dich nicht tötet, macht dich stärker."
Interview mit Rabbiner David Polnauer
Wieso haben sie sich für das Judentum entschieden?
Der springende Punkt ist, dass im Judentum der Missionsgedanke fehlt. Man versucht nicht durch Macht möglichst viele Anhänger zu gewinnen, was die Religion auch sehr ethisch macht. Ein anderes Kennzeichen des Judentums ist die Demokratie, der Rabbiner ist zum Beispiel auswechselbar.
Wieso sind sie Rabbiner im Kanton Bern geworden?
Jede Gemeinde hat ihre eigene Richtung des Judentums. Ich versuche sozusagen alle Strömungen unter ein Dach zu bringen, so entschied ich mich für Bern.
"Das Judentum ist demokratisch."
Kommt es vor, dass Personen aus der Gemeinde austreten?
Jährlich treten nur sehr wenige Personen aus, meist weil ihnen die Steuern der Gemeinde zu hoch sind, seltener wegen ihrer politischen Einstellung. Unsere Gemeinde in Bern ist stark gegen Antisemitismus und Antiisraelismus und wenn Mitglieder dem nicht zustimmen können, entscheiden sie sich manchmal für den Austritt.
Was halten sie vom Atheismus?
Atheismus ist auch eine Religion und ich führe des öfteren Diskussionen über interessante Themen mit Anhängern. Ich wurde nicht religiös erzogen, somit ist der Atheismus nichts besonderes für mich.
Was war ihr schönstes Erlebnis als Rabbiner?
Ich denke, als ich unter einer demokratischen Wahl zum Rabbiner dieser Gemeinde gewählt worden bin. Dies war ein sehr strenger Prozess, während dem ich drei Tage lang Vorträge halten und viele Fragen beantworten musste. Schlussendlich nahmen mich 149 Stimmen an und eine hatte sich enthalten. Bei meiner Einsetzung konnte ich dann meine Handschriften präsentieren.
Im Quartier sei es «normal», rassistisch beleidigt zu werden, sagte neulich ein Schüler. «Normal» ist, was viele tun und wogegen wenige Einspruch erheben. Rassistische Beleidigungen zeugen von einem oberflächlichen Blick auf Menschen und Kulturen, von mangelnder Toleranz.
Die Schülerinnen und Schüler der Klasse M2017c haben im letzten Jahr eigenständig entschieden, sich für das Projekt BZ in der Schule zu bewerben und sich mit dem Thema Religionen auseinanderzusetzen. Während dieser Beschäftigung lernten die Jugendlichen unbekannte Menschen und Kulturen kennen. Die Schulleitung des Gymnasiums Kirchenfeld ermöglichte den Tertianerinnen und Tertianern die zeitaufwendige Durchführung des Projekts während der Schulzeit.
Es gilt Sorge zu tragen, dass solche Projekte auch in Zukunft möglich sind. Selbstverständlich ist dies nämlich nicht: Immer höhere Ansprüche an Effizienz, immer weniger Toleranz gegenüber einem Lernbegriff als Prozess, welcher Zeit beansprucht und die Möglichkeit des Scheiterns beinhaltet, gefährden die Durchführung umfangreicher Projekte. Zeitintensive Hingabe an die Sache aber, an dingliche oder personale Gegenüber, ist notwendig, damit Intoleranz, auch gegenüber Religionen, nicht zur Normalität wird. Kenntnisse von anderem sind der erste Schritt auf dem Weg zu couragiertem Einsatz für Toleranz.
In diesem Sinne verdienen die Schülerinnen und Schüler Anerkennung für ihre Leistung und ihre Ausdauer. Weiter gebührt Dank den Interviewpartnern, der Berner Zeitung und der Schulleitung sowie ganz besonders dem Redaktor Michael Hug.
Michael Gabathuler
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