Das Büro muss in die Tasche passen
185 Millionen für den Neubau des gelben Riesen
Nach den SBB nimmt nun auch die Post ihren neuen Hauptsitz in der Wankdorf-City in Beschlag. Er bietet Platz für 1800 Mitarbeiter.
Die Tage des Post-Hauptsitzes in der Schönburg sind gezählt. Nach und nach zügeln seit Anfang April die Mitarbeiter in den neuen Hauptsitz in der Wankdorf-City. Ende Mai wird auch das letzte Pult am alten Standort weg sein. Was danach mit der Schönburg passiert, ist noch offen.
Aktuell arbeiten in den modernen Büros im Wankdorf 600 Leute. Schliesslich werden hier insgesamt 1800 Leute arbeiten. Die acht Stockwerke heissen unter anderem «Carte Blanche», «Open Mind» oder «Grüne Wiese». Was auf allen Etagen und bei allen Mitarbeitern gleich ist: Am Morgen holen sie im persönlichen Fach ihre gelb-schwarze Umhängetasche ab. Darin befinden sich ein Laptop, eine Tastatur sowie persönliche Dokumente. Danach gehts an einen freien Schreibtisch. Am Abend räumen die Mitarbeiter ihr Pult wieder auf und deponieren das Material in ihrem Fach.

Susanne Ruoff, Konzernleiterin der Post, spricht von «Desk-Sharing» und «Clean Desk». Das Motto: «Egal was ich mache, der Arbeitsplatz passt.» Ihr sei aber bewusst, dass der Mensch ein Gewohnheitstier sei, und so dürften die Mitarbeiter in der Regel meist am gleichen Schreibtisch arbeiten.
Laut Stefan Dürig, Leiter Immobilien der Post, hat sich das Unternehmen für die Umhängetaschen – eine Eigenentwicklung – und gegen Rollwagen entschieden. Nicht zuletzt, weil die Wagen zu schwer und zu sperrig seien.
Stillzimmer für Mütter
Die Bürofläche beträgt 30'000 Quadratmeter. Das entspricht einer Fläche von mehr als vier Fussballfeldern. Lediglich 25 Einzelbüros gibt es im neuen Post-Hauptsitz noch. Diese werden bei Nichtgebrauch in Sitzungszimmer umfunktioniert. Das gilt auch für das Büro der Chefin im siebten Stockwerk, das sie allerdings noch nicht bezogen hat.
Des Weitern stehen den Mitarbeitern ein Ruheraum, ein Massageraum, ein Stillzimmer sowie ein Eltern-Kind-Zimmer zur Verfügung. Dieses kommt zum Einsatz, wenn man in einer Notsituation das Kind mit zur Arbeit nehmen muss.
Ruoff: «Auch ich muss teilen»
Auch das Büro von Susanne Ruoff wird von anderen genutzt, wenn die Post-Chefin abwesend ist. Im Interview erklärt sie die Vorteile davon, die Tasche, die das Teilen von Arbeitsplätzen vereinfachen soll und warum es ein Elternzimmer gibt.
Gespräche im Aquarium
Im Parkhaus mit 170 Plätzen stehen mehrere Elektroautos, draussen kann man das E-Bike aufladen, im Büro soll möglichst wenig Papier ausgedruckt werden – schöne, neue Bürowelt. Den Mitarbeitern soll es an nichts fehlen. Auf allen Etagen stehen zahlreiche sogenannte Aquarien. In diesen verglasten Inseln können vertrauliche Telefonate oder 1:1-Gespräche geführt werden.
Schliesslich gibt es für kurze Sitzungen eine Piazza. «Die Mitarbeiter sollen sich für den Austausch physisch und nicht nur digital treffen», betont Susanne Ruoff. Den Angestellten steht dafür nebst dem grossen Personalrestaurant auf jedem Stockwerk auch eine Cafeteria mit bunten Sitzmöglichkeiten zur Verfügung. «Die Polster sind speziell imprägniert, damit Kaffeeflecken einfach entfernt werden können», sagt Dürig.
1150 Fenster, 2000 Tonnen Stahl

Das Haus wurde als Minergie-Bau realisiert. Die Post will ausserdem die Standards der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen erreichen. Diese verlangen Kunst am Bau: Im Eingangsbereich hängt entsprechend eine Installation des jungen Basler Künstlers Tobias Madison. Sie symbolisiert Wolken mit schwarzen Balken sowie Regen und Blitz mit blauen und grauen Seilen. «Die Sonne bringen wir mit der Post-Farbe ins Haus», sagt Ruoff.
Die Baukosten für das markante Gebäude entlang der Bahnlinie beliefen sich auf 185 Millionen Franken. Eigentümerin ist die Immobiliengesellschaft Swiss Prime Site, die Post ist lediglich Mieterin. Das sei ökonomisch sinnvoller, sagt Stefan Dürig.
Im Gebäude wurden 2000 Tonnen Stahl, mehr als 800 Kilometer Kabel, über 18 Kilometer Sprinklerrohre sowie 1150 Fenster verbaut. Im Winter werden die Büros mit 69 Erdsonden geheizt. Im Sommer wird die Wärme ins Erdinnere zurückgeführt. So können die Räume gekühlt werden.
Leben im Wankdorf City

Nach und nach kommt Leben in die Wankdorf-City. Doch wo essen die Tausenden Mitarbeiter der SBB und der Post? Restaurants und Take-aways gibts praktisch keine in der Umgebung. «Ich esse immer im Personalrestaurant», sagt ein SBB-Mitarbeiter vor dem Hauptsitz der Bundesbahnen. Auch seine Kollegen würden eigentlich immer in einer der beiden Kantinen namens Chez SBB essen.
Gleich wie die SBB-Restaurants ist auch das Personalrestaurant im Post-Hauptsitz mit seinen 400 Plätzen öffentlich – und entsprechend sowohl für SBB- als auch für Post-Mitarbeiter zugänglich. «Wir wünschen uns, dass sich die Mitarbeiter und auch die Bevölkerung austauschen», sagt Post-Chefin Susanne Ruoff.

Die Alternative: Essen in der Stadt oder im nahen Wankdorf-Center. Ausserdem würden mit den künftigen Bauphasen in der Wankdorf-City wohl noch weitere Gastroangebote entstehen. «Die Küche in unserem Personalrestaurant ist sehr gut. Die Leute werden nicht verhungern», sagt Ruoff. Für einen Business-Lunch steht im Post-Hauptsitz auch ein eigener Raum namens «Essen mit Gästen» zur Verfügung.
Nur wenige Schritte vom Post-Hauptsitz entfernt führt Adrian Maier seit vier Jahren das Bistro City – das einzige Restaurant in unmittelbarer Nähe. Jeden Mittag bietet er neue Menüs an. Ausserdem gibts Pouletflügeli, Hamburger, Cheeseburger, Kebab und Sandwiches.
«Bis jetzt kommen nur vereinzelt Leute aus der Wankdorf-City zu uns essen», sagt Maier. Er sei gespannt, ob sich das in Zukunft noch ändern werde. Auf jeden Fall könnten die neuen Büros eine Chance sein für sein Lokal. «Schliesslich wollen die Büro-Leute auch mal raus», sagt Maier.