SCB versus YB
Zwei Fans der Stadtberner Sportklubs im Gespräch
Für SCB-Fan Christoph Graf ist es wie Religion, für den YB-Fan Tobias Rentsch wie die Liebe: Ihre Leidenschaft zu den Stadtberner Klubs. Die beiden haben sich zum Gespräch getroffen.
18 Uhr im Mr. Pickwick in der Wallgasse: Christoph Graf, 38 Jahre alt, SCB-Fan, wohnhaft in Thun, Swisscom-Mitarbeiter, bestellt Mc Ewan’s. Tobias Rentsch, 34 Jahre alt, YB-Fan, wohnt in der Stadt Bern, Pfarrer in Ausbildung in der Heiliggeistkirche, bestellt Guinness. Sie treffen sich, um über ihre Leidenschaft zu den Stadtberner Klubs YB und SCB zu diskutieren. Beide sind seit über einer Dekade Abobesitzer, und Graf geht gar so weit: «Ich behalte meines bis ans Lebensende».
Warum Rentsch YB-, und nicht SCB-Fan ist, kann er nicht erklären. Ein Zufall? Hören Sie selber:
Welche Sportart die Bessere ist, darüber streiten sich die beiden. Und kommen auf die Aussage von Büne Huber, die er während einem SCB-Spiel gemacht hat, dass Fussballer sich im Strafraum immer fallen lassen würden. «Die Wortwahl mal dahingestellt, aber wenn wir ehrlich sind, hat er schon recht, dass diese Schwalberei zugenommen hat», sagt Graf.
Im Fussball versuche man nicht, ein Tor zu schiessen, sondern möglichst gut zu fallen, damit es der Schiri sieht. Fussball lebe von Fehlentscheidungen, obwohl es um so viel Geld gehe. Rentsch relativiert: «Wenn jemand sich extra fallen lässt und so versucht zu täuschen, finde ich das nicht cool und gebe Büne recht.» Dennoch: «Ich will lieber mal einen Fehler, als dass alles von einer Maschine kontrolliert wird. Fehlentscheidungen gehören zum Leben dazu.»
Rentsch gibt aber zu bedenken, dass Hockeyspieler bei einer Zwei-Minuten-Strafe den Gegner in eine Schlägerei zu verwickeln versuchen, damit der auch eine Strafe bekomme. «Das nenne ich auch nicht gerade Fairplay.» Während sie bei den Vorkommnissen auf dem Platz keinen Konsens finden, distanzieren sich beide von Gewalt rund um Sportereignisse: «Damit habe ich nichts am Hut», sagt Rentsch, und Graf pflichtet dem bei: «Ein guter Fan muss verlieren können.»
Bei den Heimspielen sind also beide treue Fans, bei Auswärtspartien sieht es anders aus: «Immer beim ersten Zusammentreffen der Saison gehen wir auswärts schauen, aber alle 25 Auswärtspartien schaffen wir zeitlich nicht mehr.»
Ähnlich ergeht es Rentsch, der vor allem bei Spielen in Thun oder Luzern dabei ist, oder er schaut sich die Partie im TV an, ohne Fernseh-, dafür mit Radio Gelb-Schwarz-Kommentaren.
Graf ist regelmässig auch bei YB im Stadion, Rentsch hingegen kann seine Besuche beim SCB an zwei Händen abzählen. Hingegen sei er genau hier im Mr. Pickwick gewesen, als der SCB 2013 Meister wurde:
Der Konter folgt sogleich: «Egal, wie der SCB spielt, der Zuschauerschnitt bleibt konstant», sagt Graf. YB sei extrem abhängig, wie die Leistung des Teams sei, ob die Leute ins Stadion kommen. SCB stoppe jedes Jahr nach 13‘500 Abos und YB bringe nie den Schnitt hin wie der SCB. «Deshalb denke ich, dass Bern eine Hockeystadt ist», sagt Graf bestimmt. «Ein Hockeykanton vielleicht. Bern hat ein Hockeystadion und deshalb kommen die Leute dorthin», versucht Rentsch zu argumentieren. Abschliessend können beide das Phänomen allerdings nicht erklären.
Wo ist SCB-Land? Und wo hat YB mehr Fans? Dies zeigt unsere interaktive Fankarte. Zudem ist für jedes Postleitzahlgebiet mit einem Klick auf die Karte ersichtlich, wie viele Einwohner sich eine Saisonkarte leisten.
Die erste Karte vergleicht für jedes Postleitzahlgebiet die Anzahl Abos von SCB und YB. Der Sieger gewinnt das Gebiet (bzw. die Farbe auf der Karte) für sich. Während von den 10’050 YB-Abobesitzern rund 3291 in der Stadt Bern wohnen, sind es beim SCB von 13’000 Karteninhabern 1345, die auf Stadtboden wohnen. Diese Zahlen beweisen vor allem eines: YB-Fans wohnen primär in der Stadt, SCB-Anhänger auf dem Land.
Die Gelbschwarzen vermögen allerdings nicht bei allen Postleitzahlen zu dominieren: Die Matte und das Kirchenfeld (PLZ 3005) konnte der SCB für sich gewinnen. Auch in der Agglomeration gewinnt YB das Duell, ein Unentschieden gibt es in Ostermundigen, wo mit 249 exakt gleich viele Menschen ein YB- oder ein SCB-Abonnement haben.
Daten der letzten Saison
Auf den beiden weiteren Karten ist für jede Postleitzahl ersichtlich, wie viele Saisonkarten pro 1000 Einwohnern verkauft wurden. Eine helle Farbe bedeutet, dass bloss ein ganz kleiner Teil der Einwohner ein Saisonabo hat. Mit einer dunklen Farbe wird gekennzeichnet, wenn mehr Promille der Bevölkerung eine Karte haben. Die Farbintensität wurde nach den Quantilen berechnet. Achtung: Bei Gebieten mit tiefer Einwohnerzahl braucht es für eine dunkle Schattierung weitaus weniger Saisonkarten als bei Gebieten mit hoher Bevölkerungsdichte.
Die Daten basieren auf den Saisonkarten des SCBs für die Saison 2015/16 und bei YB auf das Jahr 2016. Die Daten wurden von den beiden Clubs in anonymisierter Form zur Verfügung gestellt. Rückschlüsse auf Einzelpersonen lassen die Daten keine zu. Erhoben wurden die Informationen zwischen Januar und März 2016.
Bei den Saisonkarten handelt es sich um die Karten von Privatpersonen und jene von Firmen und Sponsoren. Eine kleine Anzahl von Saisonkarten konnten nicht verortet werden, da sie entweder ungenau identifizierbar waren oder sich die Wohnsitze im Ausland befanden. Beide Klubs erfassen nicht die Ortsdaten jedes einzelnen Abo-Inhabers, sondern die Daten jedes Kunden. Das ist nicht dasselbe: Wenn ein Kunde zwei Karten kauft, erscheint er auf der Karte lediglich einmal.
Die Berner Fankarte wurde von der Schweizer Fussballkarte inspiriert, die 2014 vom Tagesanzeiger.ch publiziert wurde.
Bilder: Beat Mathys
Interview: Claudia Salzmann
Grafik: Matthias Born
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